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Notarielle Nachlassplanung und Patchwork

Pressemitteilung der Landesnotarkammer Bayern. 

31. Mai 2016. Die Planung des Nachlasses wird gerne auf die lange Bank geschoben, da sie oft schwierige, manchmal vielleicht auch unangenehme Überlegungen verlangt.

Die ohne Testament bzw. Erbvertrag anzuwendenden gesetzlichen Regelungen gehen jedoch von einer traditionellen Familiensituation aus. In Patchworkfamilien werden diese Regelungen oft als unpassend für die familiäre Situation empfunden. Die Niederlegung des letzten Willens kann in vielen Fällen helfen, die gewünschte Verteilung des Nachlasses herbeizuführen.

Unter dem Begriff „Patchworkfamilie“ werden viele verschiedene Formen von Familien zusammengefasst, zum Beispiel Stiefvater- oder Stiefmütterfamilien, Familien mit gemeinsamen Kindern und Stiefkindern, mit und ohne weitere Elternteile. Genauso wenig wie es „die“ Patchworkfamilie gibt, gibt es „die“ rechtliche Lösung, die für alle passt. Der Gesetzgeber hat den Bürgern in vielen Fällen einen erheblichen Gestaltungsspielraum zugestanden, den jeder für sich nutzen sollte.

Gesetzliche Erben und Erbengemeinschaft

Die gesetzlichen Erben kommen immer zum Zug, wenn ein Verstorbener seinen letzten Willen nicht in einem Testament oder Erbvertrag niedergelegt hat. Daher ist es besonders wichtig zu klären, wer in wessen Todesfall die gesetzlichen Erben sind. Haben die „Eltern“ der Patchworkfamilie Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen, unterscheiden sich ihre gesetzlichen Erben. Gesetzliche Erben sind nämlich in erster Linie die Kinder und der Ehegatte bzw. Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes. Stiefkinder, selbst wenn sie den Verstorbenen als Elternteil betrachten und in seinem Haushalt aufgewachsen sind, haben nach dem Gesetz kein Erbrecht. Sollen sie etwas aus dem Erbe erhalten, müssen sie vom Erblasser bedacht werden. Wurde das Stiefkind adoptiert, hat es als rechtlicher Abkömmling ein Erbrecht. Nur Ehegatten bzw. Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes haben ein gesetzliches Erbrecht, andere unverheiratete Partner hingegen nicht.

Einem Erblasser ist es oft wichtig, bestimmte Vermögensgegenstände bestimmten Personen zuzuwenden. Nicht selten soll der überlebende Ehegatte dadurch abgesichert werden, dass das Familienheim erhalten bleibt, manchmal eingeschränkt für eine bestimmte Zeit, bevor es an die (eigenen) Kinder gehen soll. Liegt keine Verfügung von Todes wegen vor, bildet der überlebende Ehegatte gemeinsam mit den Kindern des verstorbenen Ehegatten eine Erbengemeinschaft. Einigen sich die Erben nicht über die Verteilung des Nachlasses, kann ein Erbe zur Verteilung des Nachlasses auch die Zwangsversteigerung in ein zur Erbmasse gehöriges Grundstück betreiben, so dass dies für die Familie nicht mehr zur Verfügung steht. Durch ein Testament bzw. Erbvertrag kann dem entgegengewirkt werden.

Letztwillige Verfügung treffen

Der weit verbreitete Wunsch von Paaren, sich gegenseitig zu Alleinerben einzusetzen, ist bei Patchworkfamilien sorgfältig zu überdenken. Denn das bedeutet, dass die Kinder des erstversterbenden Ehegatten enterbt werden. Handelt es sich um gemeinsame Kinder, haben sie ein Erbrecht nach dem länger lebenden Ehegatten. Umgekehrt haben die Kinder, die nicht der Beziehung mit dem länger lebenden Ehegatten entstammen, kein Erbrecht nach dem überlebenden Ehegatten und drohen, leer auszugehen. Ein Lösungsansatz kann in dem Abschluss eines Erbvertrags liegen, in dem die Ehegatten alle Kinder, egal ob gemeinsam oder nicht, bindend zu Schlusserben nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten einsetzen. Erbschaftssteuerlich hat der Gesetzgeber Stiefkinder eigenen Kindern gleichgestellt, so dass ihnen auch bei einer Erbschaft nach dem länger lebenden Stiefelternteil der volle Freibetrag zusteht. Notar a. D. Dr. Florian Meininghaus, Geschäftsführer der Landesnotarkammer Bayern, erklärt, dass „die Regelung des letzten Willens nicht schematisch, sondern maßgeschneidert sein muss; ein Notar kann die rechtliche Lage analysieren und Gestaltungsmöglichkeiten mit ihren Vor- und Nachteilen aufzeigen.“ Es kommt auf die Details an, zum Beispiel ob ein „Berliner Testament“ – d.h. die gegenseitige Einsetzung von Paaren als Alleinerben und der Kinder als Schlusserben nach dem Letztversterbenden – überhaupt das richtige Modell ist, ob und welche Kinder zu (Schluss-)Erben werden sollen oder nur einen Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand erhalten sollen. Wichtig ist bei einem Erbvertrag die Frage der Reichweite der Bindungswirkung und der Änderungsmöglichkeiten des überlebenden Ehegatten; und auch steuerliche Aspekte dürfen nicht außer Acht gelassen werden.