‹ Zurück zur Übersicht

Erschließungsbeiträge und notarielle Kaufverträge

Zwei Beispiele aus Wuppertal. Notare sollten dies im Kaufvertrag regeln. 

30. Mai 2018 (aktualisiert). In notariellen Grundstückskaufverträgen schlummert oft ein schwieriges Problem: Die Regelung, welche Partei Erschließungsbeiträge und andere öffentliche Lasten zu tragen hat. Notare sollten diese Frage in jedem Wohnungs- oder Grundstückskaufvertrag regeln.

Meist werden sich die Beteiligten eines Grundstückskaufvertrages nicht wirklich mit der Frage befasst haben, wer für ausstehende Erschließungskosten verantwortlich ist, bevor sie zum Notar kommen. Zwei Beispiele zeigen allerdings, dass diese Frage (manchmal auch Jahre später!) relevant werden kann:

Beispiel 1: Käufer und Verkäufer schließen im Oktober 2015 einen notariellen Grundstückskaufvertrag, mit dem ein bebautes Grundstück in Wuppertal-Elberfeld auf den Käufer übertragen wird. Nach Kaufpreiszahlung wird das Eigentum im März 2016 auf den Käufer umgeschrieben. Im Juni 2016 stellt die Stadt Wuppertal dem Käufer als neuem Eigentümer einen Beitragsbescheid zu, nach dem er EUR 2000,00 für eine im Jahr 2000 durchgeführte Maßnahme an die Stadt Wuppertal zu zahlen hat. Der Käufer wendet sich nun an den Notar, der den Grundstückskaufvertrag beurkundet hat. Er fragt diesen, ob er diesen Bescheid tatsächlich bezahlen muss?

Beispiel 2: Ein in Wuppertal-Elberfeld gelegener, bebauter Grundbesitz wird erstmals im Jahr 2005 mittels Notarvertrag verkauft und im Jahr 2014 an den heutigen Eigentümer weiterverkauft. Bereits im Jahr 2003 wurde der Grundbesitz durch die Stadt Wuppertal erschlossen. Die Erschließung wurde jedoch erst im Jahr 2016 endgültig fertiggestellt. Die Stadt Wuppertal erhebt nun im Jahr 2016 Erschließungsbeiträge für die 2003 durchgeführte Maßnahme bei dem Eigentümer, der 2016 im Grundbuch eingetragen ist. Auch hier wendet sich der derzeitige Eigentümer an die Notare, die die Grundstückskaufverträge beurkundet haben mit der Frage, ob er diese Beiträge tatsächlich zu bezahlen hat?

Beide Beispiele zeigen, dass die Frage der Erschließung von großer Bedeutung sein kann und im Grundstückskaufvertrag vom Notar geregelt werden sollte. Meist entspricht es der typischen Interessenlage, dass der Käufer davon ausgeht, dass der Grundbesitz, so wie er ihn vorfindet und kauft, vollständig bezahlt ist. Daher unterstellen Käufer in der Regel wie selbstverständlich, dass auch alle in der Vergangenheit begonnenen Erschließungsmaßnahmen vollständig abgerechnet und bezahlt sind. Auch das Gesetz geht in § 436 BGB davon aus, dass dies der typischen Interessenlage zwischen den Beteiligten entspricht. Danach ist grundsätzlich der Verkäufer eines Grundstücks verpflichtet, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen sind, unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld.

Dies führt in dem eingangs gebildeten, ersten Beispiel dazu, dass die Stadt Wuppertal die Erschließungskosten zwar beim aktuellen Eigentümer anfordern kann, wenn die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Der heute eingetragene Eigentümer muss die Bescheide also begleichen. Er darf im Regelfall aber Rückgriff bei dem früheren Eigentümer des Grundbesitzes nehmen, der ihm den Grundbesitz verkauft hat. Denn das Gesetz sieht dies in § 436 BGB vor.

Im zweiten Beispiel kann ebenfalls der aktuelle, heute im Grundbuch eingetragene Eigentümer von der Stadt Wuppertal für die Bezahlung der Erschließungskosten herangezogen werden, wenn die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Nach § 436 BGB kann der aktuelle Eigentümer im Regelfall aber Rückgriff bei „seinem” Verkäufer nehmen. Ob dann dieser frühere Eigentümer wiederum Rückgriff bei „seinem” Verkäufer nehmen kann, ist die daran sich anschließende Frage. Nach § 436 BGB könnte dies grundsätzlich möglich sein. Hier stellen sich allerdings weitere Fragen, insbesondere die, ob ein Rückgriffsanspruch bereits verjährt sein könnte.

Wie sollte nun die „richtige” Regelung dieser Frage im notariellen Grundstückskaufvertrag aussehen? Natürlich ist dies auch eine Frage des Einzelfalls. In aller Regel sollten Notare jedoch berücksichtigen, dass die Beteiligten wie selbstverständlich davon ausgehen, dass ein vollständig bezahlter Grundbesitz den Eigentümer wechselt und alle Maßnahmen abgerechnet sind, die die Vergangenheit betreffen. Der Käufer rechnet nicht damit, für vergangene Erschließungsmaßnahmen herangezogen zu werden. Daher ist – jedenfalls aus meiner Sicht – von Notaren dann, wenn keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Auffassung der Beteiligten vorliegen, regelmäßig die Lösung zu wählen, nach der der Verkäufer für den Erschließungs- und Ausbauzustand finanziell verantwortlich ist, den die Beteiligten am Tag der Unterzeichnung des Grundstückskaufvertrags beim Notar vorfinden. Wenn also – wie in beiden Beispielen – erst Jahre später ein Erschließungsbeitrag erhoben wird, sollte diesen im Ergebnis noch der Verkäufer tragen, da er den Grundbesitz praktisch mit diesen Erschließungsmaßnahmen verkauft hat.

Im Einzelfall sind natürlich abweichende Regelungen mit dem Notar zu diskutieren und sinnvoll. Denkbar ist insbesondere, dass die Beteiligten die Frage der ausstehenden Erschließungsbeiträge wirtschaftlich über den Kaufpreis regeln, so dass der Käufer damit einverstanden ist, das Risiko zukünftiger Beitragsbescheide für vergangene Maßnahmen zu tragen. Auch kann es Situationen geben, in denen es Verkäufern nicht zumutbar ist, für zukünftige Bescheide einzustehen, so dass der Käufer dieses Risiko übernimmt. Diese Fragen können natürlich vor oder bei Beurkundung des Kaufvertrages mit dem beurkundenden Notar besprochen werden.

Stadt Wuppertal erteilt Beitragsbescheinigungen und Anliegerbescheinigungen

Auf Antrag erteilt die Stadt Wuppertal schriftlich und gebührenpflichtig Auskunft über die Belastung eines Grundstücks mit Erschließungsbeiträgen, Straßenbaubeiträgen oder Kanalanschlussbeiträgen. Auch erteilt die Stadt Wuppertal Auskunft darüber, ob ein Grundstück bereits erschlossen ist (Anliegerbescheinigung). Die Auskünfte sind gebührenpflichtig. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite der Stadt Wuppertal.

Weiterführende Hinweise für Erschließungsbeiträge in Wuppertal

Die Stadt Wuppertal informiert ausführlich auf ihrer Webseite über Erschließungsbeiträge. Die Stadt Wuppertal veröffentlicht darüber hinaus auf Ihrer Webseite in unregelmäßigen Abständen eine Liste mit den Straßen in Wuppertal, für die bisher noch keine Erschließungsbeitragspflicht nach den Bestimmungen des Baugesetzbuches entstanden ist. Anhand dieser (allerdings rechtlich nicht verbindlichen) Liste kann also festgestellt werden, für welche Straßen grundsätzlich in Zukunft noch Erschließungsbeiträge erhoben werden. Der derzeitige Stand der Liste (Februar 2018) für die Stadt Wuppertal kann über diesen Link heruntergeladen werden.

Hinweis: Im vorliegenden Beitrag wird die Frage, ob die Stadt Wuppertal die Beiträge zu Recht erhebt, nicht thematisiert. Dies ist eine Frage des öffentlichen Rechts, die nicht Gegenstand dieses Beitrags ist, der allein die Frage der Vertragsgestaltung der Notare anspricht. Eine (nicht rechtskräftige) Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu Abrechnung der Erschließungsbeiträge in Wuppertal-Elberfeld (Straße “Am Walde”) thematisiert dieser Blogbeitrag.

Weitere wichtige Hinweise: Bei dem Blog und allen anderen Texten auf dieser Webseite handelt es sich nicht um verbindlichen Rechtsrat des Notars. Insbesondere kann hierdurch die individuelle und umfassende Beratung im Einzelfall nicht ersetzt werden. Die Nutzung der Inhalte des Blogs und der Website erfolgt auf eigene Gefahr des Nutzers, ein Auftragsverhältnis zwischen dem Nutzer und dem Notar kommt hierdurch nicht zustande.